Der zweite Tag des Happiness Festivals 2025 startete mit warmem, leicht bewölktem Wetter – eigentlich perfekt für einen langen Tag voller Musik. Doch ab dem Nachmittag schwebte eine Windwarnung wie ein Damoklesschwert über dem Gelände. Viele schauten nervös in den Himmel. Doch statt Unwetter kam am Abend die Sonne zurück – pünktlich zu ROY BIANCO & DIE ABBRUNZATI BOYS. Was dann folgte, war pure Festivalmagie. Doch der Reihe nach:

CHAPO 102 – er eröffnete für uns den Samstag: CHAPO 102, Teil der 102 Boyz, stand mit Birkenstock-Schlappen auf der Bühne und brachte mit Schietwetter und Korn norddeutschen Flair ins Kraichgau. Die erste große Überraschung des Tages: Für Randali kam Nina Chuba auf die Bühne. Ihren späteren gemeinsamen Auftritt kündigte Sie hier schon an. Etwas emotional wurde es beim Track Schön, Dass du da warst, als CHAPO 102 von seiner Hochzeit erzählte und dass es bei ihm geklappt hat.

Chapo102 + Nina Chuba @ Happiness Festival 2025 © About Musïc | Jasmin Zekl

Ikkimel übertraf alles an skurrilem Wahnsinn: Sie kam auf einem riesigen Hund angeritten, gezogen von zwei weiteren. Männer im Publikum und auf der Bühne trugen Hundemasken – das ist der Deal. Mit Songs wie Drei Fotzen mit nem Bombenarsch, Unisexklo und Keta und Krawall, lieferte sie eine explosive Mischung aus Performancekunst und Provokation. Champagner floss, ein Fan ließ sich zu Böser Junge freiwillig in einen Käfig sperren und obendrauf gab es noch einen unreleasten Song – und zum Schluss wurde es fast zärtlich mit Herz zurück. Gut, dass jemand den Männern die Stirn bietet.

Paula Engels war um 17:10 Uhr auf der Arty Stage zu sehen – ein ruhiger, poetischer Gegenpol zum Rest des Tages. Ihre intime Performance war ein Geheimtipp für alle, die einmal durchatmen wollten.

Paula Engels © About Musïc | Stephanie Bauer

Ennio bewies mit Tracks wie Schlaraffenland, Freister Mensch der Welt, Drachenfrucht, Kippe und Rimini, wie man ein Set dramaturgisch aufbaut. Mit seiner starken Stimme und Band im Hintergrund sorgte er für perfekte Festival Stimmung.
Für Fühlst du gar nichts kam erneut Nina Chuba auf die Bühne – der zweite starke gemeinsame Moment des Tages. Am Ende sorgte König der Nachbarschaft für den emotionalen und energiegeladenen Abschluss.

Ennio © About Musïc | Stephanie Bauer

Als dann die Sonne tatsächlich nochmal raus kam und Roy Bianco & Die Abbruzanti Boys die Bühne betraten, verwandelte sich das Festivalgelände in ein italienisches Ferienresort. Die MS Abbrunzatissima lief ein, Italien-Flaggen wurden geschwenkt und Luftballons in den Italien-Farben in die höhe gehalten – das Publikum war von der ersten Sekunde an im Modus.

Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys © About Musïc | Stephanie Bauer

Einige Fans kamen sogar passend im Italo Anzug à la Roy Bianco. Mit Songs wie Santorin, Supersonic (Oasis-Cover!), Brennerautobahn, Giro, Bella Napoli, Ponte di Rialto, Sophia Loren und Quanto Costa wurde das kollektive Fernweh bedient – auf die charmanteste, schrägste und musikalisch überraschend starke Weise. Wir fühlten uns wie in Italien und – okay – was war das für ein geiles Licht, dass der Himmel für uns passend dazu produzierte.

Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys © About Musïc | Stephanie Bauer

Auf der Arty Stage feierten THE TCHIK aka The toten Crackhuren im Kofferraum ihre Mischung aus Pop, Protest und Party. Songs wie Bewerte mich, Tauben (mit Mitmach-Choreo), Bau mir ein Schrank (Ansage an alle Männer!) trafen den Nerv. Das machte richtig Spaß und lockte auch einige vor die Stage. Es wurden Kreise gebildet und eine Wall of Death bei der man aufeinander zuging und sich die Hand schüttelte.
Gleichzeitig positionierten sie sich klar gegen die AFD und rechte Hetze – laut, tanzbar und vor allem wichtig!

The toten Crackhuren im Kofferraum © About Musïc | Stephanie Bauer

Tream war ganz der Fanliebling: Viele trugen seine Trikots, und als ein VfB-Jersey auf die Bühne flog, zog er es sich später im Set spontan über. Neben bekannten Tracks ließ er mit Major Tom (Peter-Schilling-Reminiszenz inklusive) und weiteren Cover Songs die Crowd vor der Bühne steil gehen.

Tream © About Musïc | Stephanie Bauer

Zur späteren Stunde zog Disarstar – eines unserer Highlights – nochmal ordentlich Menschen zur Arty Stage – nicht selbstverständlich so kurz vor dem Headliner. In dunklem Licht mit Live-Drummer und DJ Jopez legte er los mit Tracks wie Rolex für alle, Meine Stadt schläft nie, Supergirl, Touchdown , Lya – und als krönenden Abschluss natürlich Siamo Tutti, der von Beginn an mit Chören gefordert wurde. Politischer Rap mit Haltung, Timing und Tiefgang. Eigentlich ein Set, das hätte viel länger sein müssen und sowieso – warum nicht auf der Main Stage?

Disarstar © About Musïc | Stephanie Bauer

Es war DER große Moment: Nina Chuba – die erste weibliche Headlinerin in der Geschichte des Happiness Festivals. Noch Tage zuvor war unklar, ob sie überhaupt auftreten kann: Ihren Gig in Bern musste Nina Chuba krankheitsbedingt absagen. Doch sie kam – angeschlagen, aber voller Kraft – und lieferte eines der emotionalsten und professionellsten Sets des Tages ab. Der Einstieg war besonders inszeniert: Sie startete ganz hinten auf der Bühne mit dem Track NINA – eine Art Selbstaufruf, ein Statement. Begleitet von einer großartigen Liveband mit Bläsern, Saxophon und Trompete, entwickelte ihr Set fast einen jazzigen oder wie sie es selbst ausdrückte Bossanova Charakter. Zwischen Songs wie Mangos mit Chili, Wenn das Liebe ist, Mama shoot und kleinen persönlichen Anekdoten wirkte sie nahbar und doch wie ein echter Popstar.

Nina Chuba © About Musïc | Stephanie Bauer

Das Publikum zeigte sich anfangs zurückhaltend, blühte aber bei den Hits auf: Ich glaub ich will heut nicht mehr gehen, Ich hass dich – mit einem Gastauftritt von Chapo 102, Fata Morgana, Wildberry Lillet und Fliegen sorgten für kollektives Mitsingen und ein würdiges Finale. Trotz ihrer angeschlagenen Stimme – Nina Chuba hat bewiesen, dass sie eine Headlinerin mit Haltung, Ausstrahlung und absoluter Bühnenkontrolle ist. Wir glauben, dass sich das deutsche Publikum langsam an weibliche Headliner gewöhnen muss und Nina Chuba hat das mit ihren erst 26 Jahren schon ziemlich gut gemacht.

Nina Chuba © About Musïc | Stephanie Bauer

Es war ein Samstag, der alles hatte: Wetterdrama – das ging gut aus, emotionale Tiefgänge, politische Klarheit, musikalische Vielfalt – und eine Headlinerin, die sich trotz angeschlagener Stimme und müden Happiness Besuchern durchkämpfte und das Festival verzauberte. Das Happiness Festival 2025 hat Geschichte geschrieben.

Nina Chuba © About Musïc | Stephanie Bauer
Happiness Festival 2025 – der Samstag
Happiness Festival 2025 – der Samstag
Der zweite Tag des Happiness Festivals 2025
Redaktion
About Musïc
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